Ein Tag im trotz “C” geöffneten Hotel

Immer wieder schauen wir in erstaunte Augen, wenn wir auf “Ihr Hotel hat ja sicher auch geschlossen.” mit “NEIN!” antworten. Dann werden wir gefragt, wie er denn so ist – der (All)tag fast alleine im Hotel.
Also nehmen wir Sie mal mit ins Maximilians des vergangenen Dienstages ….

Dieser beginnt gegen 05:45 Uhr mit dem Weckerklingeln in unserem zu Hause in Edenkoben. Gegen 06:45 Uhr sind wir in Landau. Und beginnen im Hotel mit den wenigen Vorbereitungen an der Rezeption und im Frühstück. Wir freuen uns auf unsere zwei! Gäste. Beide kommen pünktlich und genießen es, dass wir ihnen ein Frühstück nach Wunsch am Tisch servieren. Wir erfahren, warum sie (trotz Corona) in Landau sind.


Es läuft alles sehr ruhig ab. Gemeinsam nehmen wir uns Zeit. Jeder freut sich, einen Gesprächspartner zu haben.

Kurz darauf genießen wir dann selbst ein kleines Frühstück und besprechen unseren Tag.
Anschließend erstellen wir uns eine Liste mit Tätigkeiten, die entweder sehr wichtig sind (z. B. täglich Social Media (Sichtbarkeit), wöchentlicher Blog (dto.), Recherchen über die aktuelle Lage, Austausch mit Kollegen, Gespräch mit unserem Verpächter, etc.).
Oder jetzt zusätzlich anfallen (z. B. alle Etagen regelmäßig durchlüften, Toilettenspülungen ebenso regelmäßig betätigen, Staub wischen in den Zimmern, Lebensmittel einfrieren und aussortieren usw.).
Und diese Liste wird ab jetzt stückweise abgearbeitet.

Unser “Büro” haben wir ins “Max28” verlegt. Da ist es einfach heller. Geräumiger.

Da heute Dienstag ist, kann die “Chefin” eines ihrer liebsten Rituale pflegen. Denn in Landau ist WOCHENMARKT :-). Also kann ich die privaten Einkäufe für die Woche tätigen. Dabei unseren schönen Rathausplatz bewundern. Die Schwätzchen mit den Marktbeschickern gibts obendrauf.
Die Sonne scheint vom knallblauen Himmel. Die Bäume blühen lillifeerosa. Wunderbar!

Nach der Rückkehr ins sehr ruhige Hotel reinigt der “Chef” persönlich die Bleibezimmer. Die Abreisezimmer bleiben liegen. Wir haben ja genug leere Betten für eventuelle “Walk-In” 🙁 . Und die “Chefin” entkalkt Siebe und Töpfe und schrubbt die Spülmaschine.

Dann müssen die noch immer – jedoch nur noch spärlich – eintrudelnden Stornierungen bearbeitet werden. E-Mails werden beantwortet.  Social Media wird “bedient”.
Doch es kommen auch Anrufe mit der Frage, ob wir wirklich aufhaben. Das tut gut. Auch wenn die dann folgenden Buchungen ganz spärlich sind.

Fragen Sie sich jetzt:

“Warum haben die denn (noch) auf?”

Wir sind ein kleines, inhabergeführtes Hotel. Und diese Entscheidung stand für uns von Anfang an fest!
Wir bleiben geöffnet, solange wir dürfen. Aus drei Gründen:

  • Wir “sammeln” jeden Cent ein, den es zu verdienen gibt, um die Fixkosten bedienen zu können. Und sichern so unsere zukünftige Existenz. Außerdem möchten wir den wenigen Gästen, die ein Bett benötigen, dieses auch geben.
  • Wir erhalten alle MAX-Arbeitsplätze (auch die der in Probezeit befindlichen Mitarbeiter/innen). Gemeinsam stehen wir das durch!
  • Wir stellen uns jeden Tag so auf, dass wir innerhalb weniger Stunden den ganz “normalen” – also vollständigen – Betrieb wieder aufnehmen können.

 

Aktuell nehmen wir uns jeden Tag auch Zeit für ein gemeinsames Mittagessen. Und das kochen wir heute ganz in Ruhe selbst. So bekommen wir etwas Abwechslung im Alltag. Kein “Fine Dining”. Doch eine warme Mahlzeit.

Heute gibt’s Spaghetti Aglio, Olio e Peperoncini. (Anm.: Die Pasta ist KEIN Hamsterkauf!  Sie stammt aus unserem normalen Vorrat ;-)) Und dazu einen wundervollen Pfälzer Pflücksalat. Mhm…. Gemütlich und lecker.

Nebenbei siedet in der Küche ein Tomatenfond. So etwas wollte ich schon immer mal kochen. Und die Tomaten verschimmeln sonst nur.

Den Fonds kann die leidenschaftliche Hobbyköchin zukünftig sicherlich gut verwenden. Da kommen doch sofort Bilder in den Kopf….

Nach dem Essen beraten wir uns erneut:

“Welche Kosten können wir noch sparen? Welche zur Liquiditätssicherung verschieben?”

Wir haben schon vor Wochen strikte Kostenreduzierung “verordnet” sowie ein Investitionsstopp entschieden. Wir haben die Bleibezimmer, Küche und den öffentlichen Bereich selbst gereinigt. Abläufe gestrafft…. Und dann vor 2 Wochen Kurzarbeitergeld für alle Mitarbeiter/innen beantragt. Und alle in den “unfreiwilligen Urlaub” geschickt.

WIR Beide sind jetzt das Hotel!
Rezeption, Frühstück, Max28, Housekeeping, Marketing, Personal, Buchhaltung, Haustechnik …..
Das fühlt sich seltsam an. Doch es ist ja nicht wirklich richtig viel zu tun. Und jetzt zeigt sich, wie gut es ist, dass wir von Beginn an in allen Abteilungen (mit) tätig waren. So können wir wirklich alles Anfallende selbst erledigen, bearbeiten, besorgen und organisieren.

Weiter: Heizungen in den öffentlichen Bereichen werden reduziert. Beleuchtung auf ein Minimum runtergefahren. Die Zeitungsabos “ruhen”. Ein Antrag auf Steuerstundung läuft. Und unser Energieversorger wurde um Stundung einer Nachforderung sowie Einstellen der monatlichen Abschläge für Fernwärme und Wasser gebeten.

Da geht doch noch was.. Mhm.. ??? JA! Wir räumen die Kühlschränke um. Und schalten zwei ganz aus. Ebenso die beiden Vindore und alle Getränkeschubladen. Das ist nicht nur Kostenreduktion. Das dient auch dem uns so wichtigen Thema Nachhaltigkeit.

Und dem “Chef” fällt noch ein, die Müllentleerung auf 4 Wochen auszuweiten. Ohne Gäste kein Müll.

“So, jetzt ist aber Feierabend!”

Wir fahren die PC’s runter. Stellen das Telefon aufs Handy. Und schließen alle öffentlichen Bereiche ab. Unsere Gäste wissen, wie sie uns erreichen.

Und auch für “Walk-In” sind wir gewappnet.

 

Das Ganze machen wir nun seit zwei Wochen. Es gibt richtig gute und weniger gute Tage. Doch wirklich schlecht ist keiner.

“Darauf würden wir gerne verzichten:”

  • Die E-Mails mit dem Betreff “canceled Reservation” schon jetzt für Ende Mai und Mitte Juni. Sogar August trudelt schon ein!
  • Die lange Bearbeitungszeit der Hausbank. Wir haben schon vor 4 Wochen einen Überziehungs-Kredit (NICHT Fördermittel) beantragt. Damals wurde uns zugesichert, dass alle Unterlagen vorliegen, wir solvent wären und den sicher schnell bekommen könnten. Und jetzt rutschen wir in die “Corona-Welle” und es dauert und dauert…. Wir müssen zusätzliche Fragen beantworten. Sollen Szenarien entwerfen. JA WIE DENN?
  • Den Satz: ” Na ihr bekommt doch Fördermittel!”. NEIN! bekommen wir nicht. (Anm.: zwischenzeitlich ist da Einiges auf den Weg gebracht. Doch noch lange nicht angekommen. Und Morgen sind die monatlichen Fixkosten fällig. Auch das KUG inkl. Lohnnebenkosten müssen wir “vorschießen”)
  • Rheinland Pfalz hat das schwächste Packet unter allen Bundesländern geschnürt. Es enthält lediglich weitere Kredite.
  • Die Sorgen um unsere Zukunft. Nicht nur unsere. Auch die unserer Mitarbeiter/innen und deren Familien. Unserer Partner, deren Mitarbeitern und Familien….
  • Die Fassungslosigkeit in den Gesichtern des Teams, als wir 100% Kurzarbeit verkündet haben.
  • Dass unser Hotel nicht nur keinen Gewinn sondern Verlust macht. Und wir zudem kein “Polster” für den Winter aufbauen können. Dafür einen mehr oder weniger dicken Batzen an Kredit zusätzlich aufnehmen und abzahlen müssen.
  • Schon zwei “Kontroll-Anrufe”: “Guten Tag, Sie haben geöffnet?” “JA: haben wir!” ; “Ab er das Parkhotel hat doch geschlossen.”;  “Wir haben geöffnet. Wir sind ja auch kleiner.” ; .“Aha: dann darf ich also zu Ihnen kommen?”;  “Ja, gerne. Wenn Sie entweder geschäftlich reisen müssen. Oder privat unaufschieblich eine Übernachtung benötigen. Nicht hier Urlaub machen wollen”;  “Aha.”;   Erst Stille dann aufgelegt  🙁
  • Die vielen verdorbenen Lebensmittel, die wir entsorgen mussten.

“Privat auf”

  • Die fehlende Bewegung an der frischen Luft. Oder Sport. Denn wenn wir Feierabend machen, ist es schon kalt.
  • Die verordnete Zweisamkeit. Da fehlen uns schon Freunde, Nachbarn, Bekannte….. Doch das geht ja allen so.
  • Dass wir (je nachdem wie lange “es” dauert) kein eigenes Einkommen haben. Alle privaten (Alters)Reserven auflösen mussten. Das ist unser unternehmerisches Risiko. Jedoch fürchten wir die geschäftliche und private Insolvenz.

“Das tut uns richtig gut”

  • Jede einzelne Anfrag. Und vor allem jede noch so kleine Buchung.
  • Zwei Freundespaare rufen uns an und bieten uns finanzielle Unterstützung an. Wie MEGA ist das denn!!!
  • Unser Energieversorger hat uns innerhalb weniger Stunden ohne Nachfrage oder Bedingungen die zinslose Stundung der Ratenzahlung seiner Nachforderung angeboten. Sowie die Vorauszahlungen für Fernwärme und Wasser nahezu eingestellt.
  • Auch alle drei Zeitungen haben unsere Abos ohne Probleme ausgesetzt.
  • Unsere Gemüselieferantin bietet unsdie zinslose Stundung der letzten Rechnung an. “Ihr bezahlt, wenn es wieder geht”. Ist das nicht toll?! Danke! Doch wir zahlen. Schließlich hat sie die Waren ja auch schon bezahlt.
  • Nach der Schockstarre erkennt das Team, dass dies genau der richtige Weg ist. Wir hören so etwas wie: “Toll, dass Sie das für uns machen!”. “Bitte, wenn Sie Mitarbeiter brauchen – ich arbeite auch abteilungsübergreifend.”. “Wenn Sie Arbeit im Hotel zu vergeben haben, wir sind Doppelverdiener und kommen schon klar. Geben Sie diese Stunden dann lieber den Kolleginnen, die es finanziell nötiger haben”. Puh 🙂
  • Zwei befreundete Gastwirtinnen aus Landau, deren Restaurant geschlossen hat, bieten uns einen freien Tag an. Sie würden in der Zeit unser Maximilians “schmeißen”. WOW, da muss die “Chefin” ein Tränchen verdrücken.
  • Freunde und Geschäftspartner bieten uns private Unterstützung aller Art an (Putzen, Lüften…  etc.). (Anm.: natürlich ohne Kontakt!)
  • Mehrer Stammgäste schreiben uns herzliche Nachrichten. Und entschuldigen sich dafür, dass sie nicht kommen dürfen. Fragen, wie es uns geht.
  • Mit unseren Hotelkollegen entwerfen wir auf Initiative vom benachbarten Parkhotel einen gemeinsamen offenen Brief. Wir sitzen halt alle in einem Boot.
  • Die besondere Wertschätzung der Gäste, die in dieser Zeit im Hotel sind, für das, was wir hier tun. Wir bekommen ungefragt wirklich tolle Rückmeldungen.

 

“Unser Fazit/Ausblick”

  • Wir halten an unserer Strategie des #weareopen fest. Wir wissen, das ist der richtige Weg!
  • Und wir behalten uns unser Grundvertrauen.
  • Unsere Freunde stehen uns zur Seite. Und in der Politik tut sich was.
  • Wir hoffen, dass sich die Lage bald entspannt. Und wir dann ganz schnell wieder viele tolle Gäste in unserem Hotel begrüßen können. Und Ihnen unser schönes Landau und die Region zeigen können.

 

Und so macht unsere Heimfahrt richtig Spaß:


 

Wie geht es Ihnen in diesen Zeiten? Haben Sie auch ein Geschäft/Hotel…, das Sie geöffnet haben? Waren oder sind Sie auch einsam im Hotel?

Ich freue ich wie immer über Anregungen, Feedback, Erzählungen.

 

Herzlichst

Ihre Petra Hirsch

Maximilians Boutique-Hotel Landau

und 

Maximilians Domizil Edenkoben

 

 

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