Die Hotelchefin bei der Weinlese – ein Selbstversuch

“Herbschde”, so heisst die Weinlese auf pfälzisch. Dann wird es so richtig trubelig im Wingert (Weinberg). Man hört fröhliche Stimmen, sieht gebückte Menschen mit Eimern, Traktoren und Anhänger voller Trauben. Ein reges Treiben zwischen den Zeilen. Und unsere Chefin mittendrin. Was Sie erlebt hat und warum sie jederzeit wieder mitmachen möchte, erzählt sie hier …

“Störe ich euch? Oder kann ich wirklich nützlich sein?” – Die Vorgeschichte

Mitte August haben wir unseren neuen Gastwinzer Hannes Bergdoll in Ilbesheim besucht. Während der Verkostung hat uns der sympathische Jungwinzer – der wie wir seinen Beruf aus Leidenschaft ausübt – wirklich viel erklärt. Viel präsentiert. Und eben auch von der bevorstehenden Weinlese erzählt.

Na da wäre ich aber so richtig gerne mal dabei: Zu sehen, wie die Trauben für die köstlichen Pfälzer Weine geerntet werden. Dabei zu sein. Tatkräftig unterstützen. Viel erfahren. Neues ausprobieren. Das Ganze nahe Landau. Bei einem unserer Winzer-Partner. Einem Familienbetrieb. Der zudem ein Biobetrieb ist.
Und nächstes Jahr einen Wein trinken, der ein ganz klein bißchen auch von mir “gemacht” wurde.
Das wäre wirklich PERFEKT!

“Duhu, Hannes … ich war noch nie dabei. Würde aber wirklich gerne. Musst du mir viel erklären? Und kommst daher ohne mich besser klar?”
Ich wollte auf gar keinen Fall einer der Herbst-Gäste sein. So mit kurzer “Showeinlage”, Fotos, Kellerführung, weiß gedeckter Tafel im Wingert …

“Du willst helfen? Das ist ja toll! Wir brauchen jede Hand.”
Da strahlt die “Chefin” vor Vorfreude. So um den 20. September geht es voraussichtlich los. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Versprochen ist versprochen.

Überall im Wingert sehe ich Traktoren und fleißige Helfer.
Bald bin ich auch dabei 🙂

Und so rufe ich Hannes am 19. September an. Tatsächlich wird am Wochenende geherbstet. Also schreiben wir kurz den Dienstplan für unser Maximilians um. Die “Crew” übernimmt meinen Part beim Frühstück. Und ich weiß, es wird auch ohne mich bestens laufen 🙂

Am Samstag um 07:40 Uhr geht es für mich ab Richtung Ilbesheim.

Der Morgen

Um 08:00 Uhr stehen pünktlich 16 etwas müde Personen in der morgendlichen Kühle vor der Halle des Weingutes.

Nur Esther – die Mutter von Hannes – versprüht schon Energie. Sie ist seit 06:00 Uhr auf den Beinen. Warum, erfahre ich später. Sie begrüßt mich als Neuling sehr freundlich. Stellt mich allen vor. Und nimmt mich “unter ihre Fittiche”. Sofort fühle ich mich heimisch. Und bin ein bisserl stolz, Teil des erfahrenen Teams zu sein.

Hannes erklärt uns, dass wir zunächst Scheurebe ernten werden. Wie schön. Ich liebe diese Trauben. Und auch den Wein 😉 .

Jeder bekommt eine Schere. Dann werden wir auf die verschiedenen Fahrzeuge verteilt. Und ab geht es in den Wingert.

Das ist die Schere meiner Wahl. Später erfahre ich,
dass die schon Hannes’ Urgroßvater benutzt hat. Wie schön.

Der Himmel ist strahlend blau. Die Luft wird schon etwas wärmer. Wir haben einen wundervollen Blick über die Hügel.
Hannes schneidet ein paar Trauben ab. Und zeigt uns, was wir tun sollen. Nämlich alles rausschneiden oder -kratzen, was nicht gesund ist.

Vor allem der Sonnenbrand ist dieses Jahr zu sehen und muss komplett entfernt werden.
Auch die faulen Beeren müssen raus.

Und die kleinen, die ganz oben hängen, werden verkostet. Sind sie zu sauer, fallen auch sie raus. Die Regel ist simpel: Alles, was du nicht essen willst, kommt auch nicht in den Wein. Also das nenn’ ich mal einen Qualitätsanspruch 🙂

Und dann geht es los. Je zwei Helfer stehen sich an einer Zeile gegenüber. Jeder hat einen Eimer. Und füllt diesen mit Trauben.

Sorgfalt beim Schneiden ist wichtig

Ist er voll, ruft man laut: “Traube”. Und der Eimer wird unter den Zeilen zum Traktor gereicht. Gleichzeit erschallt von irgendwo gegenüber: “Eimer”. Schon rollt ein leerer Eimer in deine Richtung.


Mein erster gefüllter Eimer

Wenn jemand schneller als die anderen ist, wird er mal nach hinten geschickt. Damit sich alle Erntehelfer gleichmäßig durch die Zeilen arbeiten. Und der Traktor folgen kann.

Respekt, wie geschickt der Traktor vor- und rückwärts durch die engen Zeilen gelenkt wird.

Ohne dass es jemand ausspricht: hier gilt Teamwork! Und dann lerne ich sie kennen:

Die Menschen im Wingert

Die ganze Familie ist an Bord. Dazu Freunde. Da sind:

Hannes und sein Mitarbeiter Andi. Die Eltern Esther und Michel. Die Schwester Lina. Die Freundin Hannah. Ihre Schwestern und Eltern. Die Oma Anna. Die Tante. Die beiden Onkel der Mutter. Die Freunde Philipp und Daniel…… Und ich mittendrin. Freu 🙂

Alle sind gut gelaunt. Das ist schön.

Die jüngste ist 21 Jahre. Der ältestes 77. Wow!
Was sie vereint? Die Freude an der Arbeit im Wingert. An der Natur. Am Wein. Und der Familienzusammenhalt.

Die Pfälzer sind so herrlich gastfreundlich und unkompliziert. Michel versorgt uns mit Wasser und Schorle.
Und ich frage zum Beispiel die deutlich ältere Margit: “Wie sind Sie denn mit der Familie verwandt?”. Die Antwort: “Ich bin die Tante. Und wir sind hier “per Du””. Alles klar……

Gemeinsam ernten wir:

Die Trauben

Wie gesagt, zunächst ernten wir Scheurebe. Die Beeren schmecken schon unglaublich aromatisch. Und man kann die Sorte richtig gut erschmecken. Naschen ist durchaus erlaubt.

Manche Trauben sind leicht zu ernten. Hängen gut. Sind ohne Schäden. Andere sind schwer zu finden. “Verstecken” sich. Haben die Drähte oder auch ihre eigenen Triebe geradezu “umwachsen”. Da muss ich manchmal Hilfe holen, um zu sehen, wo die eigentlich angewachsen sind. Und wieder andere Trauben haben viel Sonnenbrand und/oder verfaulte Beeren.

So sieht also Sonnenbrand bei Trauben aus.

Wir ernten an diesem Tag dann noch Weißburgunder und Grauburgunder. Am Folgetag ist zunächst Chardonnay dran. Und dann wieder Weißburgunder.

Seit ich in der Pfalz wohne, erfahre ich, wie unterschiedlich Weintrauben aussehen und die Beeren schmecken. Zwischenzeitlich kann ich beim Spaziergang durch den Wingert einzelne Sorten tatsächlich schon erkennen.
Ich kannte bislang nur die üblicherweise angebotenen Tafeltrauben. Die esse schon lange nicht mehr. Sie schmecken mir einfach nicht. Und regional sind sie auch nicht.

Perfekte Traube …. Und lecker ….. 

 

Apropos schmecken. Mittags kommt das, was viele das Schönste am Herbschde ist:

Die Brotzeit

Jetzt weiß ich auch, warum Esther schon so früh am Morgen auf den Beinen war. Sie ist zuständig für die Verpflegung der Helfer.

Da steht mitten im Weinberg auf einmal eine “Tafel”. Reichlich gedeckt. Sogar eine Tischdecke ist drauf. Und richtig viel lecker Essen.  Frisches Brot. Weißer Käs (Quark). Lewwer- und Blutworschd. Schinken. Landjäger. Käse. Butter. Und Und Und….

Sogar Kanister zum Händewaschen sind da.

Und natürlich gibt es reichlich Schorle. Mit “Michels Riesling”. Den hat Hannes für seine Vater gemacht. Lecker ist es! Und lustig.

So macht Herbschde Spaß…..

Zum Schluss muss das sein: Oma Anna und Esther haben Kuchen gebacken. Dazu gibts Kaffee. Esther hat wirklich an alles gedacht. Und ich fühle mich einfach nur wohl.

Ein weiterer von uns gefüllte Container 🙂 .
Es sollen noch viele dazu kommen.

 

Dann wird weiter fleißig geherbstet. Bis wir alle gemeinsam Feierabend machen. Wir winken uns noch hinterher. Und uns ist klar, wir sehen uns wieder.

Meine persönliche Bilanz

Ich habe an dem Wochenende ca. 16 Stunden gearbeitet. Wir haben so um die 11.000 kg Trauben geerntet. Daraus werden ca. 8.600 Liter Wein. Also satte 11.500 Flaschen. WOW!

Ich habe mich dreimal (davon einmal heftig) in die Hand geschnitten. Ich habe Muskelkater an Muskeln, die ich bis jetzt gar nicht kannte ;-). Meine Hände und Fingernägel sehen aus, als wäre ich eine Bäuerin. Stolz zeige ich Sie meinen Maximilianer/innen. Und auch sonst jedem, der es wissen will.

Arbeiterhände 😉

Oft höre ich dann die Frage: “Warum macht man das?” Meine Antwort ist einfach: “Weil ich’s wollte.”
Und es hat sich wirklich gelohnt.

Ich habe drei*) Generationen Pfälzer kennen gelernt. Und höchsten Respekt vor der Arbeit im Weinberg. Ab jetzt werde ich wohl bei jedem Glas Wein daran denken.

*) eigentlich habe ich sogar 4 Generationen kennengelernt. Denn am Sonntag kam noch der “kleine Hannes” vorbei. Natürlich mit seiner Mutter, denn erst ja erst ein gutes Jahr alt. Er ist der Sohn von Andi. Und das Patenkind vom “großen Hannes”. Und er ist schon ganz verrückt nach dem Traktor und dem Wingert. Er nascht gerne Trauben. Na wenn da nicht der nächste Winzer aus Leidenschaft herauswächst ….

Ich habe gelernt, dass eine ausgedrückte Traube kleine Blutungen stillt. Und wie sehr Hände, Scheren, Eimer und alles, was man anfasst, schon nach kurzer Zeit kleben können. Das Zitronensaft den gröbsten Schmutz aus den Händen und Fingernägeln zieht. Und wieviel Arbeit in einer Flasche Wein steckt.

Und ja: ich gehe wieder zum Herbschde. Denn ich habe auch wieder einmal erfahren, wie schön es sein kann, stolz und müde ins Bett zu fallen. Das erinnert mich an unsere Pre-Opening-Zeit. Als wir innerhalb weniger Tage aus der Baustelle ein Hotel gemacht haben…

Danke

Lieber Hannes: Es war toll! Schön, dass ich die Möglichkeit bekommen habe. Lieber Andi: Danke. Du hast mir so viel erklärt. Dir Zeit für meine Fragen genommen. Liebe Esther: Danke für deine freundliche Fürsorge und die perfekte Verpflegung. Lieber Michel: Danke für die “Erstversorgung” mit Schorle ;-). Und mit Taschentuch und Verband. Liebe “Alle”: Es war wundervoll mit euch. Wir waren sehr fleißig. Wenn es drauf ankam, voll konzentriert. Und hatten gemeinsam viel Freude.

Und das habe ich noch über Hannes erfahren

Er ist wie ich ein Quereinstiger. Aus Überzeugung. Schon in der Schule hat Hannes seinen Eltern verkündet, dass er Winzer werden möchte. Auch verschiedene darauf hin “verordnete” Praktika haben ihn nicht davon abgebracht. Zum Glück – wie (nicht nur) wir finden.

Seit 6 Jahren übt er seinen Traumberuf nun aus. Er bewirtschaftet 13 Hektar. Und dies von Anfang an konsequent biologisch. Demnächst wird er Demeter zertifiziert.

Als wir Feierabend machten, ging es für ihn im Keller weiter. Beim Herbschde bekommt er wirklich kaum Schlaf.

Alles was in seine Flaschen kommt, ist per Hand geerntet. Nächstes Jahr wird es einen “Cuvée de Promenade” geben. Einen “Straßenköter” also ;-). Gemeinsam mit Stefan Dorst wird dieser unter “Dorst und Consorten” entstehen. Wir sind gespannt. Und freuen uns schon darauf.

Ach ja: Hannes heisst (und ich hoffe, ich darf das hier quasi öffentlich sagen) Johannes. Doch Hannes passt echt richtig gut zu ihm.  :-).

Möchten Sie ihn und/oder seine Weine kennen lernen? Hier kommt der:

Kontakt zum Weingut

hannes-bergdoll.de
Bachgasse 1, 76831 Ilbesheim
Samstags von 10:00 – 16:00 Uhr oder nach Vereinbarung
Telefon: +49 157 85786 201

 

Waren Sie auch schon mal bei einer Weinlese? Wie waren Ihre Erfahrungen/Erlebnisse? Wie immer freue ich mich über Ihre Kommentare.

Für heute verbleibe ich mit einem herzlichen “ZUM WOHL. DIE PFALZ”

Ihre Petra Hirsch

Maximilians Boutique-Hotel Landau

und

Maximilians Domizil Edenkoben

 

kommentare
  • Martin Toth 01.10.19 UM 03:1010

    Mit großem Interesse habe ich den Bericht über das Herbsten Weinlese angesehen und auch Lust bekommen mal in diesem tollen Familienteam dabei sein zu dürfen.
    Hannes und seine Mutter Esther habe ich bereits in diesem Jahr kennengelernt und auch seine exzellenten Weine.
    Mit unserer Pfalzrunde waren wir dann nochmals bei Hannes in der ” Probierstube” Lagerhalle und haben ein tolle Weinverkostung erleben dürfen.
    Hannes geht in seinem Beruf so richtig auf und es macht Spaß ihm zuzuhören.
    Alles gute für den jungen Winzer und Familie.
    Ich freue mich auf unser nächstes Zusammentreffen.

    Liebe Grüße Martin

    • Petra Hirsch 03.10.19 UM 09:1010

      Wie schön, lieber Herr Toth, dass Ihnen unser Bericht so gut gefallen hat.
      Und ja: Hannes produziert wirklich exzellente Weine.

      Wir sind sicher, auch dieser Jahrgang wird wieder toll. Schauen Sie doch wieder einmal vorbei.
      Die Familie Bergdoll – von der ich Sie herzlich zurück grüßen darf – freut sich auf Sie.

      Mit herbstlichen Grüßen aus Landau.

      Petra Hirsch – Gastgeberin

  • Andrea lauth 03.10.19 UM 02:1010

    Mein Hannes.ich bin stolz auf dich.deine tante andrea🤣🤣

    • Petra Hirsch 04.10.19 UM 10:1010

      Das können Sie auch sein!!!! Hannes ist nicht nur sympathisch. Und authentisch im Tun. Seine Weine sind auch wirklich richtig gut.

      Herzlichst
      “Erntehelferin” Petra Hirsch

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